Obwohl mittlerweile über 60% der Medizinstudierenden Frauen sind, werden die oberen Führungsetagen mehrheitlich mit männlichen Kollegen besetzt. Ärztinnen studieren erfolgreich zu Ende, beginnen häufig die Facharztweiterbildung aber sie brauchen für die Weiterbildung durchschnittlich mehr Zeit als ihre männlichen Kollegen. 

Der Grund dafür liegt darin, dass Ärztinnen Schwierigkeiten haben ihren Beruf nicht mit ihrer Familienplanung kombinieren zu können. Häufig entsteht ein Bruch in der Weiterbildung. Der Weg zurück in den Beruf ist genauso mühsam. Denn die Kollegen haben sie bereits überholt und neue, junge Kolleginnen und Kollegen sind nachgerückt. Das führt dazu, dass die erfolgreich Medizin studierten Frauen erst später oder gar nicht mehr in den Führungsetagen ankommen. 

Ausnahmen bestätigen nicht die Regel:

Es gibt einen Anteil an Ärztinnen, die besonders unterstützende Familien oder LebenspartnerInnen haben und dadurch ihre Weiterbildung lückenlos beenden. Allerdings besteht diese Situation nicht bei der Mehrheit der Ärztinnen und individuell besonders unterstützende Familien oder LebenspartnerInnen zu haben bietet keine deutschlandweite und grundsätzliche Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen. 

Insgesamt steigt der Frauenanteil in der Medizin weiter an und damit auch der Anteil an Ärzten, die nicht mehr in Vollzeit arbeiten. Laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) arbeiten Ärztinnen ohne Kinder meist in Vollzeit, während 59% der Ärztinnen mit Kindern in Teilzeit arbeiten.[1] Im Vergleich dazu arbeiten nur 8% der Männer mit Kindern in Teilzeit.[2] Es zeigt sich, dass Männer mit Kindern in ihrem beruflichen Werdegang eher vorankommen werden als Frauen mit Kindern, die in Teilzeit mit verlängerter Weiterbildungszeit arbeiten. Die Studie der DGK zeigt außerdem, dass nur 20% der Ärztinnen mit Kindern die Meinung vertreten, das berufliche Ziel zeitgerecht erreichen zu können.[3] 

Hinzu kommen weitere Ungleichheiten, die sich nicht nur in den Chancen zwischen Ärztinnen und Ärzten zeigen, sondern auch in der ungleichen Bezahlung. Das Statistische Bundesamt hat festgestellt, dass Ärztinnen in Führungspositionen bis zu 20% oder 2000€ weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Die Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen steigt mit höherem Einkommen.[4] 

Die Möglichkeit des Medizinstudiums und die vermeintlichen gleichen Rechte zwischen Männern und Frauen sind eine Täuschung. Es wurden jahrzehntelang Rechte für Frauen erkämpft, die aber nach wie vor rudimentär ausgelegt sind. Die formalen vorhandenen Zugänge in die Studiengänge reichen nicht aus, um die Berufe nach dem Studium genauso ausüben zu können wie Männer. Die starren Strukturen im Krankenhausbetrieb blockieren den Zugang für die Ärztinnen. 

Nach wie vor werden auch berufspolitische Gremien von Männern dominiert. Von insgesamt 167 Positionen in den Landesärztekammergremien sind nur 41 von Frauen besetzt, das sind grade einmal 24,5%. Auch in anderen Selbstverwaltungsgremien wie in den Vorstände von Marburger Bund, Hartmannbund und sogar im Vorstand der Bundesärztekammer sind Frauen unterrepräsentiert. Immerhin sind im Vorstand der Bundesärztekammer sind Frauen mit 25% vertreten, im Vergleich besteht die Bundeszahnärztekammer nur aus Männern. 

Was muss also passieren damit sich diese Zustände ändern?

Ärztinnen brauchen dringend mehr Arbeitszeitsouveränität. Die Gestaltung von Teilzeit- und Job-Sharing-Modellen müssen fester Bestandteil in der Personalplanung sein. Beide Modelle müssen aktiv von den Verwaltungen für Ärztinnen angeboten werden. Es bedarf Rückkehr- und Eingliederungspläne und für Widereinsteiger. Diese Kultur muss dringend von allen Führungspositionen gelebt und vertreten werden. Die bloße Umsetzung und die formale Möglichkeit des Teilzeitmodells reichen bei weitem nicht aus. 

In den Gremien brauchen wir eine Mindestquotierung aller Positionen und Ämter von 50% und die Forderung der gleichen Bezahlung für die gleiche Arbeit. 

Ärztinnen brauchen einen Schutz vor Ungleichbehandlung und vor Sexismus am Arbeitsplatz. Es muss Ansprechpartner in jedem Krankenhaus geben, die die Fälle bearbeiten. 

Die Weiterbildungsordnung darf nicht weiter so starr bleiben, es muss Modelle geben, in denen Teilzeit die Weiterbildung nicht auf die doppelte Zeit verlängert. 

Mit SEDIDOC können Ärztinnen flexibel, immer wieder bei Zeit kurzfristig Aufträge annehmen, ihrem Beruf verbunden bleiben und sich beruflich weiter entwickeln. Dadurch haben Ärztinnen die Möglichkeit unterschiedliche Bereiche zu entdecken. 

[1] Deutsche Gesellschaft für Kardiologie: Pressetext DGK 10/2014, Neue Studie: Familie und Beruf sind für Kardiologen schwer vereinbar – Ohne entsprechende Verbesserungen droht Versorgungs-Engpass 

[2] Ebenda. 

[3] Ebenda. 

[4] Statistisches Bundesamt: Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen