Diversität bedeutet Vielfalt. Vielfalt, die aktuell noch zu wenig diskutiert wird – und wenn, dann nur auf der Seite der Patient:innen. Aber wie steht es um die Vielfalt der Ärzteschaft?
63%; 37%, 13%. So fällt der Frauenanteil ab, je höher wir in der Hierarchie in Richtung Führungsetage kommen. Während nur 13% der Chefarztstellen, 37% der Oberarztstellen mit Frauen besetzt sind, zeigt sich im Medizinstudium und im Assistenzarztbereich ein Anteil von 63%. Die stabile, arbeitende Basis bilden die Frauen, aber spätestens ab Facharzt brechen die Frauen heraus und in den TOP Etagen fehlen sie konstant. Schauen wir uns die Berufsverbände, Fachgesellschaften, Kammern und Gremien an, zeigt sich auch hier ein klares Bild: Männer dominieren die Führungspositionen und Frauen leiten die weichen Arbeitsgruppen. Das statistische Bundesamt zeigt, dass wir in 20 Jahren noch mehr Frauen in der Medizin haben werden, allerdings weiterhin nicht in der Führungsetage. Denn die Allbright Stiftung besagt, dass es noch mindestens 150 Jahre dauern wird, bis Frauen paritätisch die TOP Positionen besetzen werden. Damit sind Männer weitere 150 Jahre die Entscheider über die Besetzung von TOP Positionen.
Die Zahlen sind nicht neu, woran liegt es also, dass wir hier keinen Fortschritt verzeichnen können?
Der Grund dafür ist multifaktoriell, führt aber wieder zur gläsernen Decke und den starren Strukturen in der Arbeitswelt des Gesundheitswesens, in die unser Wesen als Frau nicht hineinpasst. Einerseits werden nicht genug Frauen für leitende Funktionen ausgebildet, andererseits werden sie ohnehin nicht ausgewählt, wenn eine TOP Position zu besetzen ist. Denn die unbewusste Voreingenommenheit führt dazu, dass Thomas wieder Thomas auswählt.
In den letzten zwei Jahren von LEADERS IN HEALTH haben wir einige Herausforderungen erkannt, die es Frauen erschweren abseits von Karriere ausgewogen arbeiten zu dürfen. Frauen haben mit uns ihre persönlichen Erfahrungen geteilt und diese Erfahrungen haben sich fachübergreifend wiederholt:
Der wichtigste Karriereknick ist das Potential schwanger werden zu können. Denn das führt dazu, dass Frauen seltener die wichtigen und guten Rotationen bekommen. Sie werden bereits bei der Ausbildung von den Männern überholt. Es stimmt nicht, dass Frauen seltener die Initiative in die Hand nehmen. Denn wenn sie durchgehend ungefördert auf Stationen verdonnert sind, bleibt ihnen nur die ‚Rödelarbeit‘. Mit der Schwangerschaft dürfen Frauen nur noch abseits von OP oder Funktionsabteilungen mitarbeiten und diesmal mit vermeintlich gutem Grund. Viel zu selten wird das Muttersein betrachtet. Denn für unsere gesellschaftliche Entwicklung darf die Mutter für ihr Kind da sein und sollte eingesetzt werden, wie es für sie passt. Die ökonomisierte Medizin lässt keine innovativen Arbeitsmodelle zu, obwohl feminisierte Arbeitsmodelle ein enormes Potential für höhere Produktivität haben.
Zwei Jahre LEADERS IN HEALTH haben uns gezeigt, dass wir die institutionellen und persönlichen Hürden für Diversität anzugehen haben.[1] Dafür bietet LEADERS IN HEALTH Frauen strukturierte Karriere-Trainings mit Expertinnen aus der Personalberatung an. Andererseits muss bereits beim Ausbildungsprogramm Transparenz geboten werden. Dafür bietet SEDIWORK deutschlandweit die Digitale Rotationsplanung per App Kliniken an, damit Ärzt:innen strukturierte und verbindliche Weiterbildung bekommen, die sicher WBO-konform läuft.
www.leadersinhealth.de und www.sediwork.de.
Dr. med. Dilan Sinem Sert, Gründerin, Geschäftsführerin LEADERS IN HEALTH & SEDIDOC GmbH.
[1] Colleen E. Clang, Vier Hürden für Diversität